"Lächle doch, du bist in Teplice!"
Die nordböhmische Stadt hat eine nicht einfache Geschichte. Gerade das aber lohnt einen Ausflug - ebenso wie Kurhotels, Parks und Brunnen.
Es ist lauwarm, ein paar Kräuterknäuel schweben knapp unter der Oberfläche - doch es prickelt nicht. Hm. Die typische Schaumblume aber ist wenigstens da, und es riecht leicht nach Hopfen und Gerste. Einmal im Bier baden! Diesen (wohl zumeist von Männern geträumten) Traum erfüllt man mir in Teplice - im Keller des Wellnesshotels „Monopol“.
Die eigene Kabine ist groß, das Licht gedämpft. Neben der Wanne ein Zapfhahn mit Gläsern. Da könne ich soviel trinken wie ich wolle, sagte die junge Mitarbeiterin, die mir den Raum zuwies. Das Zapfhahnbier schmeckt etwas säuerlich, ähnlich wie Leipziger Gose. Ich leg’ mich lieber wieder rein.
Bierbäder: Noch sind viele Termine frei
45 Minuten dauert der „Beer Spa“-Spaß, dann wird automatisch abgelassen. Wie man sich danach fühlt? An der Wand prangt ein Spruch, dass Bier die Haut geschmeidig mache - und ja, sie fühlt sich etwas weicher an. Ansonsten: Es war entspannend - was vielleicht eher an der Ruhe und der angenehmen Umgebung liegt.
Und nein, es ist natürlich nicht das vollendete Bier, was da zum Bad aufgeschüttet wird. Sondern ein Vorprodukt im Brauprozess. Etwa 50 Euro kostet eine Bier-Spa-Session im "Monopol". Beim Anruf hatte ich die Wahl zwischen vielen Terminen. Es gebe noch nicht viele Gäste, die sowas machen, heißt es an der Rezeption.
Mit Bierbädern werben ja viele tschechische Ausflugsziele. In Teplice aber hat das besonderen Reiz: Denn hier wurde schon im 12. Jahrhundert heiß gebadet. Ein Kloster trug den Namen „ad aquas calidas“, bei den warmen Wassern. Die warmen Quellen gaben dem Ort auch den Namen: Denn „teplo“ bedeutet „Wärme“. Als Kurstadt war Teplitz im 19. Jahrhundert schließlich berühmt in ganz Europa.
Teplice - ein Mix aus Industrie- und Kurstadt
Der Name der Stadt stand jedoch in jüngerer Zeit eher für Chemie und Kohleförderung. Hier waberte der „böhmische Nebel“ rüber ins DDR-Erzgebirge, und er machte auch den Leuten hier das Atmen schwer.
Heutzutage zeigt sich Teplice ganz anders - und rückt auf Websites und in Prospekten seine schicken Kurhotels in den Vordergrund, die schönen Parks, sanierten Häuser und überall vorhandenen Brunnen. "Stadt der Kaiser und Könige, Stadt der tausend Geschichten" - so trommelt der Ort für sich. Man will neben den großen Namen Karlsbad und Marienbad einen eigenen Platz sich sichern und hat sich in den letzten 20 Jahren ordentlich aufgehübscht.
Gleichzeitig kannst du an etlichen Stellen die Melange aus Industriestadt und Kurbad spüren. Die macht Teplice, nun ja, unverwechselbar. Der Ort wirkt teils wie ein architektonisches Geschichtsbuch. Die vielen Umbrüche des 20.Jahrhunderts haben sich deutlich auf's Stadtbild ausgewirkt.
Vor dem Krieg hatte Teplice übrigens nach Prag die größte jüdische Gemeinde Böhmens. Als Nazi-Deutschland 1938 im Sudetenland die Macht übernahm, begann der Exodus der etwa 7.000 Einwohner. Über 500 verlassene Häuser blieben. Nach dem 2.Weltkrieg musste dann die sudetendeutsche Bevölkerung komplett raus, neue Bewohner kamen. Die Stadt, so scheint es, sucht intensiver denn je eine neue Beziehung zu sich - gerade das macht einen Besuch spannend.
Falls du mehr zur Geschichte lesen und hören willst: Schüler des Gymnasiums Teplice haben audioteplice.cz produziert. Einen auch deutschsprachigen Guide, der dich zu 33 Orten führt und sich auch kritisch mit der eigenen Stadt auseinandersetzt.
Was Teplice interessant macht
Wusstest du, dass Teplice wegen seiner klassizistischen Architektur mal „Klein-Paris“ genannt wurde? Dass Diplomaten und Militärs hier feierten? Und wer hier alles flanierte! Goethe, Beethoven, Casanova, Zaren und Monarchen – Promi- und Klatschreporter hätten zu dieser Zeit hier ordentlich Geld verdient!
Außerdem: Teplice hat eine landschaftlich schöne Lage am Fuße des Erzgebirges und nördlich des Böhmischen Mittelgebirges. Wenn du durch die verschiedenen Viertel wanderst, wirst du immer wieder schöne Aussichten auf die Berge im Umland registrieren.
Die Kurparks und Kurhäuser
Sie machen die gute Seele von Teplice aus. Wenn du aus dem Hauptbahnhof trittst, überquere die Straße und halte dich rechts, gehe z.B. die Masarykova und die U Divadla entlang, bis du im Park die majestätischen Kurhäuser entdeckst. Etwa das größte und bekannteste Kurhaus der Stadt, das "Beethoven" (Lázně Beethoven, Rooseveltova 613/2). Verfehlen kann man es kaum – so groß und dunkelgelb leuchtend. Es steht direkt an der Teplitzer Originalquelle, und wer Probleme mit Rücken, Muskeln oder Gelenken hat, ist hier richtig. Und ja, Beethoven war da, von 1811 bis 1812.
Den Park ums Kurhaus erkunden ist echte Erholung! Und nicht weit vom "Beethoven" entfernt liegt das Kurhotel "Kaiserbad" (Císařské lázně, Laubeho náměstí 2). Das Wort majestätisch trifft's, denn Franz Josef I. und Wilhelm I. weilten hier. Derzeit wird umgebaut, im Winter 2024/25 soll wiedereröffnet werden. Dresden-Wohnende werden beim Brunnen vor dem Hotel vielleicht ein Deja-vú haben: Denn der ähnelt den "Pusteblumen", die ursprünglich mal an der Prager Straße standen. Und heißt "Pampeliška" - Löwenzahn!
Neben dem Beethoven und Kaiserbad gibt es noch viele andere schicke Kurhäuser: Das neobarocke Steinbad etwa (Kamenné lázně, U Hadích lázní 1470/1), das klassizistische Schlangenbad - und und und ...
Die Brunnen und Fontänen
Auch die sind typisch für Teplice. Nicht weit vom Kurhaus "Beethoven" ist eine ganze Fontänenreihe ("Mokré tričko") neben der gläsernen Kolonnade gegenüber des Theaters. Eine Fontäne innerhalb einer Glaskuppel findet sich am Platz des Friedens, am Mírové náměstí.
Bekanntes Fotomotiv ist auch der Porzellanbrunnen am ehemaligen Graupner Tor (nahe der Kreuzung Krupská/U Divadla). Er wurde entworfen vom Bildhauer Jiří Kožíšek - übrigens ein Karlsbader - und eingeweiht 2018. Mit dem Zwiebelmuster wird im benachbarten Dubí übrigens schon seit 150 Jahren Porzellan dekoriert.
Auch an die älteste Quelle von Teplice kommst du heran. Sie liegt etwas versteckt, doch du findest sie wenn du vom Lázeňské náměstí in die Lazenská hineinläufst. In einer Wandnische fließt aus einem Schweinekopf das Thermalwasser der Quelle Pravřídlo. Der Legende nach wurde die Teplitzer Quelle von einem Schwein entdeckt.
Der Bahnhof
Was für ein Empfangsgebäude! Deckenmalereien, Säulen, neoromantischer Stil: Der Bahnhof in Teplitz-Schönau zählte zu den schönsten im k.u.k.-Reich. Gebaut wurde er zwischen 1856 und 1858, um die abgebaute Kohle in die Industriezentren zu bringen.
Später wurde er erweitert, das Haus wurde Sitz der Aussig-Teplitzer Eisenbahn, und Angestellte sollten hier Wohnungen erhalten. Die Fassade: 400 Meter lang! Am Ausgang schauen in sozialistisch-entschlossener Pose ein riesiger Arbeiter und eine Arbeiterin auf die Stadt: Ein wunderbares Fotomotiv!
Wo ist was los hier?
Wenn du in Teplice das pralle Leben suchst, musst du in die Krupská. Hier sind die Teplitzer unterwegs, hier ist ein Laden neben dem anderen. In der Gasse bekommst du auch ein Bild davon, wie das alte Teplitz im Zentrum mal aussah: Denn zu sozialistischen Zeiten wurde rundherum vieles abgerissen.
Gleich hinter der Krupská liegt der Freiheitsplatz (náměstí Svobody). 2001 hat man ihn neu gestaltet: An der Nordseite steht das klassizistische Rathaus, links gegenüber auf der Ostseite säumen moderne Shoppingbauten den Platz. Auf der Westseite ein früheres Gebäude für Fernmeldetechnik - sozialistisch-brutalistisch und blechverkleidet vom Feinsten. Und doch: Es fasziniert, dieses Relikt.
An einem Sommertag mit vielen Besuchern und Gästen wirkt der Platz auch durch seine sorgsam gestutzten Bäumchen ganz okay, trotz parkender Autos. Aber er fühlt er sich etwas zu groß an. Der frühere Markt hat in den letzten Jahrzehnten nicht nur mehrmals sein Aussehen, sondern auch den Namen geändert: Mal war es der Hitler-, dann der Stalin- und Marxplatz, seit 1990 ist es der Freiheitsplatz. Die Teplitzer Gymnasiasten machen in ihrem Audioguide keinen Hehl draus, dass sie den neuen Platz als missglückt empfinden. Und zitieren eine Brunnen-Aufschrift: "Lächle doch, du bist in Teplice".
Der "Hausberg" von Teplice
Hier musst du hin: Auf den Schlossberg oder Daubersberg (Doubravská hora)! Nicht nur wegen der Aussicht, sondern weil du beim Spaziergang hierher ein paar Ecken außerhalb der Stadtmitte kennenlernst und was für die Fitness tust.
Wenn du im Osten der Stadt bist, kannst Du einfach der Straße Pod Doubravkou folgen. Am Hotel "Panorama" biegst du rechts ab, und kurz darauf geht links ein Plattenweg in den Wald hoch (gelbe Wandermarkierung). Wenn du gut zu Fuß bist, brauchst du von da an etwa eine halbe Stunde. Es sind auch Stadtbusse entlang der Pod Doubravkou unterwegs (Linie 110, Libušina Richtung Doubravická fährt am Hbf vorbei, Haltestelle zum Ausstieg ist "Panorama"), und es gibt einen Parkplatz am Fuß des Bergs. Die nach oben führende Straße ist gesperrt.
Auf dem Berg findest du die Überreste einer alten Burg, eine Pension, einen Kiosk - und einen tollen Rundumblick ins Land! Vielleicht fällt dir auch in einiger Entfernung auf einem Berg ein eigenartiger Turm auf - unten breit, in der Mitte ein Zwischenring. Ein Wasserturm, der zu sozialistischen Zeiten auf dem Ve chvojkách, dem Wacholderberg, errichtet wurde. Die Plattenbauten nahedran bilden den Stadtteil Nová Ves. Damals gab es Pläne, dass Teplice 80.000 Einwohner haben sollte ...
Was du auch nicht verpassen solltest
Teplitzer Bier probieren! Das Hotel "Monopol" braut mehrere Sorten, u.a. Pale Ale und Hefeweizen. Im großen Lokal mit hübscher Jugendstildecke gibt's natürlich auch feste Nahrung (Adresse: Masarykova třída, 433/42). Kaufen kann man das Bier ebenso im Café, das zum "Monopol" dazugehört. Die produzieren auch ihr eigenes Eis am Stiel.
Ebenfalls in Teplice gezapft und aufgetischt wird das Bier aus dem Kloster Ossegg - auch das mundet wirklich prima! Probieren kannst du es z.B. im Lokal "Hospůdka u veselýho mandlu" in der Kollárova 23, einer ruhigen grünen Ecke, wo man entspannt auch draußen sitzen kann.
Ein Tipp von einem guten Freund, der aus der Region stammt: Teplitzer Oblaten (Teplické oplatky). Sie schmecken mittlerweile besser schmecken als das Original aus Karlsbad, schwört er! Und: Die Nordböhmische Philharmonie (Severočeská filharmonie) sei hochangesehen in Tschechien und außerordentlich gut, so dass ein Konzertbesuch lohnt.
Rund um Teplice gibt es natürlich ebenso einiges zu erkunden: Das erwähnte Kloster Ossegg (Osek) mit seinen repräsentativen Gartenanlagen und dem opulenten Barock-Kirchenschiff. Oder Schloß Dux (Duchcov), wo einst Casanova die letzten Jahre seines Lebens verbrachte und auch starb.
Der beste Weg nach Teplice
Die Stadt ist ein gutes Ziel für einen Tagesausflug, denn sie liegt nur 60 Kilometer entfernt von Dresden. Mehrmals am Tag fährt ein Bus von Dresden über Altenberg nach Teplice, die Fahrt kostet 14,20 Euro (Stand Frühling 2024, den Fahrplan findest Du hier).
Mit dem Zug kommst Du mit Umsteigen in Děčín oder Ústí nad Labem in zumeist der gleichen Zeit nach Teplice v Čechách (so der Bahnhofsname).
Wer mit dem Auto kommen mag, kann sicher parken z.B. in der Einkaufsgalerie im Stadtzentrum am Náměstí Svobody 3316. Wochentags sind die ersten zwei Stunden kostenlos, am Wochenende die ersten drei Stunden. Danach 20 Kronen/Stunde, näheres hier.